Im 3. Schritt der GfK geht es um die Schlüsselunterscheidung Bedürfnisse
von Werten, Strategien und anderem abzugrenzen. Da in unserem Kulturkreis zumindest
offiziell eine Orientierung an Werten dominiert und nicht an Bedürfnissen,
kommt es oft vor, dass wir Werte für so wichtig und grundlegend halten, als
ob es sich um Bedürfnisse handelte. Aber Werte sind von Menschen definiert
und nicht "gottgegeben". Bedürfnisse hingegen sind definitionsunabhängig
und sowohl angeboren, als auch integraler Bestandteil des jeweiligen Wesens. Werte
kann man mit anderen Teilen, oder auch nicht, aber allen Menschen sind die gleichen
Bedürfnisse gemeinsam.
Wie unterscheide ich ein Bedürfnis von einem Wert?
Abstraktion: Werte sind oft abstrakt, Bedürfnisse
konkret. Gerechtigkeit ist abhängig von einem von Menschen definierten
Rechtssystem. Wenn man 'Recht bekommt' kann es sein, dass man in Folge dessen
etwas konkretes Bekommt, wie z.B. Nahrung, mit dem man sich ein natürliches
Bedürfnis erfüllen kann.
Kulturabhängigkeit: Verschiedene Kulturen haben verschiedene
Werte: Die Gleichberechtigung von Mann und Frau wird in einer Kultur geschätzt,
in einer anderen Kultur schätzt man ihre Unterschiede.
Angeboren oder erworben: Auch wenn nicht alle Bedürfnisse
immer gleich sichtbar sind, so sind sie doch angeboren und unveräußerlich.
Werte hingegen muss man erwerben. Insbesondere kann man sich für Werte
entscheiden. Ob man Demokratie oder Monarchie gut findet, ist Ansichtssache.
Aber Gesundheit und körperliche Unversehrtheit, sind Grundbedürfnisse.
Vergleiche: Werte basieren oft auf Vergleichen zwischen
Individuen oder Gruppen. Bedürfnisse benötigen keine Vergleiche.
Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit ist ein Vergleich. Wie viel Wasser
ich brauche um mich gesund zu ernähren, ist vollkommen unabhängig
davon, wie viel Wasser ein anderes Individuum für den gleichen Zweck
benötigt.
Wie ist das nun mit der Fairness?
Fairness ist immer der Vergleich zwischen
Individuen oder Gruppen.
Fairness ist abstrakt und hilft zuerst
einmal niemandem konkret.
Fairness muss man lernen.
Verschiedene Kulturkreise verstehen etwas anderes darunter.
Es ist also ganz klar, dass Fairness ein Wert ist und kein Bedürfnis.
Fairness als Strategie:
Sich Werte anzueignen und nach ihnen zu leben und sie zu vermitteln, ist eine
Strategie um eine Gesellschaft aufzubauen, in der es sich zu leben lohnt.
Wie also praktiziert man Fairness?
In negativer Formulierung ist der Merksatz bekannt: "Was Du nicht willst, das man Dir antut, das füge auch keinem anderen
zu!"
Das ist die Mindestanforderung an Fairness.
Es ist natürlich immer besser, Werte und Strategien positiv zu formulieren: "Wenn Du von einer anderen Person etwas erwartest,
vergewissere Dich, dass Du jederzeit bereit bist, gleiches zu geben!"
Wenn Du z.B. mit "Guten Tag!" gegrüßt werden möchtest,
sage "Guten Tag!" zur Begrüßung.
Gib immer einen vor, mache in positiver Hinsicht den ersten Schritt.
Überlege Dir ohne Ausnahme, bei allem und jedem, was Du zu tun gedenkst,
ob es Dir gefallen würde, wenn alle anderen Menschen auch so (mit Dir) handeln
würden.
Versetzte Dich zuerst in die Lage Deines Gegenübers
und überlege Dir, ob das, was Du zu tun gedenkst, Dir gefallen würde,
wenn Du in der Situation Deines Gegenübers wärest.
Das Leben nach den eigenen Werten erfordert meistens ständige eigene
Übung.
Wenn Du nicht bereit bist, Opfer zu bringen, um Deinen eigenen Werten gerecht
zu werden,
dann hast Du diese Werte nicht. Du wünscht nur, dass andere sie hätten.
Fairness ist etwas anderes.