GfK:Intro:bewerten |
Stand: 30-06-2010 |
Nein, es ist eine fundamentale Funktion menschlicher Kognition, also auch "giraffischen" Denkens. Es ist, wie Agent Smith sagen würde "u n v e r m e i d l i c h". Man kann die Funktion des Bewertens nicht aus dem menschlichen Denken entfernen, ohne den Mensch dadurch mental zu verkrüppeln, ihn lebensunfähig zu machen. Sollte man, mittels eigener mentaler Anstrengung, versuchen, das Bewerten zu unterlassen, kommt man zuerst einmal in eine Paradoxe Situation: Man muss dann nämlich sein eigenes Denken ständig darauf hin überprüfen, ob man bewertet, oder nicht. Und dieser Prozess beinhaltet als integrales Element das Bewerten der eigenen Gedanken. Wer klar denken kann und keine Neigung zum Selbstbetrug hat, wird also schnell zugeben müssen, dass es prinzipiell unmöglich ist das Bewerten zu unterlassen.
In Medien über Gewaltfreie Kommunikation von Dr. Marshall Rosenberg wird gerne Krischnamurti zitiert aber leider oft falsch, weil verkürzt. Da wird behauptet, K. hätte das Unterlassen von Bewertungen für eine hohe Form menschlicher Intelligenz gehalten.
Jiddu Krishnamurti:
"Beobachtung und Beurteilung von einander getrennt zu halten
ist die höchste Form menschlicher Intelligenz."
Die Probleme entstehen nämlich nicht durch das Bewerten an
sich, sondern dadurch, dass man zu einem sehr frühen Zeitpunkt im kognitiven
Prozess zum Bewerten übergeht und die Bewertung dann zensierenden Einfluss
auf die Beobachtung vornimmt, bzw. die vorher gemachte Beobachtung im Nach-herein
zensiert und darüber hinaus die eigene Bewertung vor sich und anderen für
eine "objektive" Beobachtung ausgegeben wird. Das gehört in den
Problemkreis "Verschiebung von Verantwortung" weil hier die Verantwortung
für die (meist abwertende) Bewertung in die Zuständigkeit der "objektiv"
wahrgenommenen Umstände verschoben wird, scheinbar versachlicht wird.
Daher der Rat Beobachtung und Bewertung so gut wie möglich getrennt zu
halten, sie bewusst und deutlich voneinander zu unterscheiden und nicht ineinander
fließen zu lassen. Das ist keine leichte Aufgabe! Das lernt man nicht
an einem Tag oder in einem Jahr. Es bleibt eine lebenslange Übung.
Da man das Bewerten nicht abschalten kann, kann man es nur unterdrücken,
wenn man das Bewerten als schlecht bewertet.
Wenn man es also versucht zu unterdrücken, anstelle es klar vom Beobachten
zu trennen, dann wandert der Vorgang der Bewertung noch weiter ins Unbewusste
ab. Er entzieht sich damit noch mehr der bewussten Kontrolle, was das genaue
Gegenteil von dem ist, was man eigentlich beabsichtigte. Die eigenen Beobachtungen
werden noch mehr von eigenen Bewertungen kontaminiert. Und da unsere Bewertungen
immerhin Hinweise auf unsere Gefühle und Bedürfnisse sind, verschüttet
man mit der Unterdrückung der eigenen Bewertungen weiterhin die Möglichkeit,
über die Wahrnehmung (Beobachtung) dieser Bewertungen zu den eigenen Gefühlen
und Bedürfnissen vorzudringen. Ich bewerte diesen Prozess als Anti-GfK!